Die Suche nach der Fremde auf Island
Auf dem Landleben-Blog wurde zu einer Blogparade zum Thema „Fremd fühlen“ eingeladen. Mit meinen Island-Erfahrungen möchte auch ich meinen Teil zu dieser Blogparade betragen.
Wer nach Island geht, den zieht es im Regelfall in die Fremde. Viele möchten dem nüchternen deutschen Alltag entfliehen und neue Kraft in der Ferne finden. Aber fremd gefühlt habe ich mich auf Island nie. Ich hatte lediglich Heimweh, da meine Familie noch in Dresden lebte, aber das ist meiner Meinung nach ein anderes Gefühl, das nichts mit Sich-Fremd-Fühlen zu tun hat.
Warum habe ich mich also nicht fremd auf Island gefühlt?
Das lag zuallererst an der offenen Art der Isländer und dem einfachen und stressfreien Start, den sie mir bereitet haben. Ein Behördengang hat gereicht und ich war registriert. Die Mitarbeiter waren immer freundlich, hatten ein Lächeln auf den Lippen und gaben mir das Gefühl, willkommen zu sein. Isländer sind gesellige Menschen. Sie suchen das Gespräch. Da kann es schon einmal passieren, dass man im Schwimmbad angesprochen wird und den Vormittag mit einer netten Unterhaltung im heißen Pott verbringt.
Natürlich gab es Situationen, in denen ich mich als Deutscher etwas „fremd“ gefühlt habe. Hier meine liebste Anekdote:
Im Sprachwissenschaftskurs an der Uni saßen wir mit Isländern zusammen. Es war Oktober und die ersten bekamen ihren Schnupfen. Meiner deutschen Freundin neben mir lief die Nase. Sie nahm sich ein Taschentuch und schnäuze sich diskret, aber hörbar. Plötzlich treten sich etliche Augenpaare um und starrten uns entsetzt an. Ihre Blicke ließen das Gefühl des Fremdseins in mir hochkommen. Aber was haben wir falsch gemacht? Meine deutsche Freundin hat sich geschnäuzt. Ein Fauxpas par Excellence. Auf Island zieht man den Rotz in der Nase (oft lautstark) hoch. Taschentücher gelten als unhygienisch und werden so gut wie nie verwendet.
Sprache der Schlüssel zum Heimisch-Fühlen
Ich kenne jedoch auch Leute, die jahrelang auf Island leben, sich nicht mehr schnäuzen und sich immer noch fremd fühlen. Woran liegt das? Meines Erachtens ist das die Sprachbarriere. Die Beherrschung der Landessprache ist der Schlüssel zur Gesellschaft. Ich hatte das Glück, direkt nach meiner Ankunft am isländischen Alltag teilnehmen zu können, da ich die Sprache bereits beherrschte. Anderen fällt es ohne Isländischkenntnisse schwer, isländische Kontakte zu knüpfen und heimisch werden. Sie fühlen sich fremd und bauen sich ihre Parallelwelt im fremden Island auf. Viele fangen an, Gründe beim Land selbst oder den Isländern zu suchen, warum sie das Gefühl des Fremdseins nicht abbauen können: Entweder ist das Wetter zu grau und nass oder die Isländer interessieren sich nicht für die Ausländer. Dabei blockieren sich solche Leute oft selbst und bleiben leider ewig fremd.
Danke fürs Mitmachen! Und wieder was gelernt: In Island nie schnäuzen. 😉
Ganz gespannt war ich auf deinen von Friederike verlinkten Beitrag: wo reibt es sich wohl zwischen isländischer und deutscher Kultur. Und das einzige, was ich mitnehmen kann ist das Schnäuzen. Ich gebs zu: ich bin ein bißchen enttäuscht. Weil Sprache…. ja, das ist das eine. Aber hier in F leben sehr viele Einwanderer, die muttersprachlich französisch sprechen (Marokko, Madagaskar, Niger uswusf…) und anhand dessen kann ich ganz leicht sagen: die gleiche Sprache sprechen, das alleine ist es noch lange nicht…
Lieber Micha, tut mir leid, wenn mein Beitrag nicht deine Erwartungen erfüllt hat. Aber ich kann nur das schreiben, was ich erlebt habe. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, Unterschiede zwischen Frankreich und Afrika mit Unterschieden zwischen Deutschland und Island zu vergleichen. Bei ersteren treffen zwei Kulturkreise aufeinander. Island und Deutschland sind sich nach meinem Empfinden kulturell sehr ähnlich; wir sind ja auch ein Kulturkreis. Da reibt sich nicht viel aneinander. Das Schnäuzen war nur ein Beispiel dafür, woran ich germekt habe, dass ich nicht in Deutschland bin, sondern in der “Fremde”. Ziel war es ja nie, zwei Länder miteinander zu vergleichen, sondern zu beschreiben, woran ich gemerkt habe, dass ich in Island und eben nicht in Deutschland bin. Ich glaube, mein kleiner Artikel sagt ganz gut aus, dass ich mich wenig fremd gefühlt habe. Das könnte natürlich auch daran liegen, dass Isländer und Deutsche gar nicht so verschieden sind. Ich habe es jedoch daran gemerkt, dass man Kontakt mit den Einheimischen in ihrer Landessprache aufnehmen konnte.